Nach meiner Reise im September 2014 wollte ich unbedingt am Gedenkfeier „100 Jahre Genozid“ im April 2015 teilnehmen und meine Heimat wieder besuchen. 24.April 1915 ist ein wichtiges Datum in der Geschichte aller Armenier. An diesem Tag ist der Plan für die Vernichtung meines Volkes mit Tötungen gegen armenische Intellektuelle in Konstantinopel gestartet. Viele Abgeordneten, Priester, Schrifsteller und Künstler waren im Gefängnis und später getötet. Es gibt zahlreiche Bücher über die systematische Vernichtung der Armenier im Osmanischen Reich und ich möchte die Fakten nicht wiederholen, sondern will ich mehr über die Atmosphäre in Armenien erzählen.
Am 23 April 2015 sind wir zur Mutterkirche Echmiadzin gefahren. Der Oberhaupt der Armenischen Apostolischen Ortodox Kirche, Katholikos Karekin II., wird die erste Heiligsprechung seit dem 18. Jahrhundert leiten. Zu diesem Anlass sind viele offizielle Staatsgäste und Kirchenvertreter aus der ganzen Welt angekommen wie der Aram I., der Katholikos des Großen Hauses von Kilikien, Bischöfe der armenischen Kirche, Vertreter des Vatikans, der anderen Weltkirchen sowie viele Christen aus aller Welt. An diesem Tag werden 1,5 Mio. Opfer des Genozides heilig gesprochen und ich nehme an der Zeremonie teil. Es dauerte mehr als 5 Stunden und alles wird live übertragen. Armenische Kirchengemeinden in Asien, Australien, Südamerika, Iran, Europa, USA, Kanada verfolgen die Übertragung und exakt um 18 Uhr armenischer Zeit läuten alle Kirchenglocken 100 Mal. In diesem Moment gab es Stille, alle waren wie paralysiert und die Stimmung war sehr traurig. Ich habe an den Massaker gedacht, an die Todesmärsche in der Wüste, an verhungerten Kinder, getöteten Frauen, Flüssen aus Blut, zerstörte Kirchen und Schulen. Warum sollte unser Volk so viel leiden? Welche Sünden haben wir begangen, damit Gott uns so hart bestraft? Viele Fragen für die zukünftige Generationen!
So ist der 24. April von der armenischen Kirche zum Gedenktag der Märtyrer bestimmt.